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Visualizzazione dei post da febbraio, 2018

Sie wittert tote Lieben: die Einsamkeit, besungen von Didi Martinaz

Wir suchen sie ja nicht, oder? Sie kommt einfach.  "Sie saß an meiner Tür / als ich vor einiger Zeit nach Hause kam / jetzt ist sie meine Begleiterin / wohin ich gehe, geht sie mit". Aber warum ist sie gekommen? "Sie ist mir durch die Stadt gefolgt / als wittere sie tote Lieben / die Hexe und der Teufel mögen sie gebracht haben / sie ist zurückgekommen und ist wieder hier".  Schrecklich sei sie anzusehen: "wächsern ihr Gesicht / Ringe um die großen Augen/ sie zieht jede Fahne ein / sie lässt uns  die Verzweiflung fühlen /  fleckt blau den Morgen / die langen trostlosen Nächte / die Hexe kann uns sogar / im Hochsommer den kalten Winter geben".  Ein altes Bild: "Die Haare flattern im Wind / mit deinen traurigen schwarzen  Kleidern / bist du ein Bild des Schreckens / schön anzusehen bist du nicht / bring dein Schmerzensbild / doch sonstwohin, wo man das Gruseln mag / oder geh mich woanders suchen".  Ein Aufstand gegen die Einsamkeit? ...

Didi Martinaz: Fresko

Die Sängerin heißt Brera, wie das Mailänder Spaßviertel. Doch der Spaß ist vorbei.  Es ist spät geworden: die Bar hat sich geleert, und die noch da sind, bieten jetzt ein Abbild Italiens, ein Fresko.  Überlebte sitzen da: alte, uralte Leute. Sie singt für einen komischen Vampir, allen Zauber hat er verloren, und für einen falschen Maler, der keine Farbe mehr hat außer dem Rot seines Herzens.  Brera singt frech, die Hände auf die Hüften gestützt. Die Klaviere sind alt und müde die Pianisten. Sie singt für einen neugierigen Touristen und einen mit Knete, verkauft falschen Whiskey, so falsch ("geschminkt") wie ne Nutte.  Sie singt dreist vom Gipfel des Nichts herab. Wilde Geschichten: die von einem Bekloppten, der längst gestorben und wiederauferstanden ist, die von einer Katze mit einem verblödeten Affen, die enttäuscht eine leere Spritze betrachten.  Außer Atem singt Brera die letzten Lieder, auf freundliche Anfrage der Nervensägen (auf Italieni...

Vorher, nachher: Stato sociale: immer brennen, nie ausgehen

"Schöner warst du", singen sie: "Du warst als Hypothese schöner", "du warst schöner, als du niemandem gehörtest / Du warst schöner, als du umsonst warst / Du warst schöner, als du dich in Gefahr brachtest".  Das ist vorbei. Jetzt bist "du wirklich müde,   und hast als Protese einen neuen Vertrag" und "fragst mich, wir sind in einem Café": "Was bleibt von unserer Jugend / nimmst du die Bühne weg, das Radio, die Musik, den Ruhm und die Lust / noch einmal von Anfang an eine ungelöste Geschichte zu schreiben"?  Klar? Was soll einer so einer antworten?  "Als Hypothese warst du schöner"! "Du verlangtest nichts anderes vom Leben / du kamst verschwitzt raus mit flatternden Pulsen / schmutzigen Knien, ein Licht in den Augen / und kein Weinen und kein Schreien ist das / so laut lachen, dass das Glas zerspringt / die Sachen kaputt schlagen, solang du welche hast / an Wein sterben und am leichten Stoff / und we...

Ein wirklich italienisches Lied: Il Congiuntivo

Italien ist das Land der fröhlichen Alten. Das ist auch in Sanremo zu sehen. Die so genannten Giovani  zum Beispiel durften bis 2019 im Vorprogramm singen, während der Fernseher zwar lief, wie in Italien eigentlich immer, die Leut aber noch nicht hinsahen. Aber vielleicht hörten sie ja doch was. In diesem Fall, etwas wie ein Lied zur Spracherziehung. Heute gibt es das junge Sanremo gar nicht mehr.  In diesem Lied des jungen Lorenzo Baglioni geht es um den Konjunktiv. Ich kenne ja Deutschlehrerinnen, welche den Konjunktiv I  nicht mehr im Unterricht behandeln wollen, "weil", so sprechen sie: "den benutzt doch eh keiner mehr!" Bekanntlich irren sie da. Aber dergleichen Nassforschheiten wären im Süden Europas kaum denkbar.  Vor Jahren hat da ein Kultusminister einmal die falsche Verbform verwendet, nämlich mit einem  non vorrei che sia die consecutio temporum nicht beachtet. Das Land schrie auf: Er solle gehen. Man stelle sich das in Berlin vor. ...

Elio und das Ende in Sanremo

Arrivedorci . Da denkt ja mancher wohl nichts. Aber 1990 habe ich an einem Mailänder Sprachgymnasium gearbeitet ("Blume im Knopfloch der Stadt", sagte der Bürgermeister, schnitt aber die Mittel zusammen) und beim Jahresabschlussfest traten Elio e le storie tese auf. Kein Mensch kannte die.  Ich war nicht da. Schülerinnen sprachen hingegen über meine ganz privaten  Storie tese . Wie kamen sie dazu? Kurze Zeit später hatte ich die Kassette. "John Holmes, ein Leben fürs Kino ....", sangen "Elio und die Genervgeschichten", über einen Pornostar mit einem gewaltigen Penis, der nur für den Film lebte: den Stummfilm, und für sein Motorrad, und "Meine Liebe, ich liebe dich!"  Jahre danach. Ich lief durch den Park. Trommeln: Bongos . Überall.  Studenten machten sich wichtig mit ihren Bongonächten im Stadtwald. "Afrika hat viele Probleme, aber nicht das des Rhythmus!" lehrte der Meister.  Wieder vergingen Jahre. Berlusconi war ...

Die heißen Themen von Sanremo 2018

Sie haben da so eine Maschine in Italien. Du wirfst was rein, bisschen Kleingeld oder leere Pfandflaschen, Liedtext kommt raus. Ohne uns in Einzelheiten des Algorithmus zu verlieren, können wir an den diesjährigen Liedern fürs ehrwürdige Festival in Sanremo, , einige Knoten, wie das ja heißt, betrachten.   Die Zeit Vergeht und dann: "Was rumpelt und pumpelt in deinem Bauch?" Es sind die steinernen Jahre ..  "Jahre wie Steine, sie laufen geschwind, in meinem schnellen Blut". Anni come pietre che scorrono veloci Nel mio sangue rapido (Enzo Avitabile e Beppe Servillo) Wie kann es dazu kommen? Hier eine Version: Die Frau eröffnet  utopische Horizonte:  "Du sagst, wir werden wieder in den Himmel schauen und werden den Blick vom Cell heben (...) und du sagst, wir werden wieder wirklich miteinander sprechen ohne eine Tastatur zu brauchen". Dici che torneremo a guardare il cielo Alzeremo la testa dai cellulari (...) E dici che parleremo davve...

Ornella Vanoni in Sanremo, 2018

Immer ein kleines bisschen zu theatralisch, denn Theater hat sie gelernt, und zwar bei Giorgio Strehler. Ja, sie ist nicht mehr ganz jung, selbst für italienische Fernsehverhältnisse.  Geboren 1934, hat sie noch die Lieder der Mala Milanese   gesungen, wie die lokale Kriminalität hieß, bevor sie in den achtziger Jahren von der Mafia weggewischt wurde. Der "Apache" im Lied von der roten Java ist so ein Mailänder Gangster, der klaut und raubt und dem auch ein paar Tote nicht viel ausmachen. Das Lied stammt aus den Zwanzigern. Das Bal Tabarin , das Cabaret: das Paris dieser Zeit. Davon habe die schöne Dame genug und wolle ihre edlen Verehrer in billige Tanzlokale voller Flittchen und Ganoven schleifen:  Im miesesten und scheußlichsten Esslokal, unter den Blumen das Bösen (!) und den Kavalieren der Nacht, kommt eine Gruppe hinzu, die Musik spielt eine Java und der Gangster bittet die Schöne um den Tanz. Sazia d'hotel, di tabarin, di cabaret la bella dama volle trascin...

Talente in Sanremo: Liedtext und Verbrechen

Es war einmal eine ehrgeizige Prinzessin namens Maria, die, weil sie gut verheiratet war und sich nicht langweilen wollte allein in ihrem großen glänzenden Schloss, sich aufs Züchten von Gesangstalenten verlegte. Sie tat das, da auch dort zur Zeit sonst nichts zu sehen war, im Fernsehen und machte, da sie dort nachmittags auftrat, wo eh keiner das Ding anmacht, der bei Trost ist, dem Prinzen Share eine große Freude. Er soll sich gleich ein bisschen in sie verliebt haben und man sieht sie seit längerem immer zusammen.  Auf die jungen Sangesleute, die sie da in ihrem Schloss groß zog und zieht, weil die Burg König Pier Silvios im Norden zu kalt und zugig ist, wartet als Gewinn ein Vertrag mit Maria, glaube ich. Jedenfalls bekommt der jugendliche Stern am düstern Himmel des italienischen Fernsehgesangswesens  dann Melodien von ihren Lakaien, vermutlich Praktikanten für lau, und auch die Texte, mit denen er nach Sanremo zieht.  Diesmal Annalisa. Die singt zum Beispie...

Alt werden, ganz alt: Decibel erneut in Sanremo, oh

... und lang ists her, da sangen sie das hier. Nach ersten Versuchen als Punks hatte Decibel sich auf die neue, auf die New Wave begeben.  Es geht um eine Frau Baronin, Contessa, die zu fragen ist: Chi sei contessa? und dann das Geständnis: Tu non sei più la stessa : wer bist denn du? du bist nicht mehr dieselbe, du selbst, also lass nach, bitte. Non puoi più pretendere di avere tutti intorno a te/ non puoi più trattare i tuoi amanti come se fossero bigné! " Du kannst nicht mehr verlangen, alle um dich zu haben / du kannst deine Liebhaber nicht mehr behandeln, als wären sie Sahnekipferl". Denn "du willst immer nur das, was du nicht hast / redest über Sachen, die du nicht kennst /willst spielen, kannst es aber nicht / denkst nur an dich selbst": Vuoi solo le cose che non hai / parli delle cose che non sai / cerchi di giocare ma non puoi / parli solamente dei fatti tuoi. Tja.  Nach diesem, wie soll man sagen? charmanten Anfang hat die Gruppe sich über die ...