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Nebel so dick im Padanertal (Cochi und Renato)

Es gab ja einmal, auf dem Lande gibt’s ihn noch, den Nebel nicht der Geschichte, sondern des Lebens, wenn man das so nennen darf hier, im Valpadana oder offiziell: Pianura padana oder Po-Ebene.

Die Lega Lombarda, die ganz früher, vor dem Erscheinen eines von Russland vergoldeten Kruzifixschwenkers in Badehose, die Unabhängigkeit der nördlichen Tiefebene, also der Lombardei, Piemonts, des Venetos und Friauls, vom Rest Italiens forderte, hat sich ja zur Hymne „Fliege, Gedanke!“ von Verdi erwählt, das Lied des Chors der jüdischen Sklaven … und das geht auf Deutsch so, auch wenn „Va!“ eigentlich „Geh!“ oder „Lauf!“ hieße:

„Flieg, Gedanke, auf goldnen Flügeln
Flieg! Lass dich nieder auf den Hängen, auf den Hügeln

Wo warm und weich die sü.en Düfte der Heimaterde wehn …“


Verdi eben. Das sollen sie auch ruhig weitersingen. Die wahre Hymne des, wieso Hügel und Hänge? platten Nordens stammt, eigentlich ist sie ziemlich neu, von Cochi und Renato und es geht um den Nebel. Der verdeckte noch vor dreißig Jahren auch in Mailand die bekannte

Hand vor Augen nicht nur, der kroch am Stadtrand (Romolo) auch in die U-Bahnstationen herunter und du fandst den Ausgang nur, weil du den Schritten der andern Blinden folgtest, die schon wussten, wo der sein musste. Aber weiter draußen, auf den Strecken von einer

Stadt oder was das sind (Brescia?) zur nächsten, wird ab Oktober jede schnellere Bewegung gefährlich, also kurz: du siehst nix.

„Was gibt’s im Nebel vom Valpadana
Wenns einer sagt, glaubst dus nicht

Du glaubst es nicht mal, wenn dus selbst siehst

Aber du siehst es ja auch gar nicht

Was ist das für ein Nebel in Valpadana

Eine Erscheinungsform der Feuchtigkeit

Wenn du da drin gefangen bist

Kommt die Mentalität durcheinander

Kreditinstitute

Bankiers hängen sich auf

Hände werden gesäubert“, ja, eine Anspielung auf die große Staatsanwaltsaktion „Mani pulite“, deshalb:

„i piedi se la squagliano“, bildlich „machen ne Fliege”.


“Die Liebhaber trennen sich nicht

Die Ehefrauen mischen sich ein

Die Männer verzeihen ihnen

Aber dann durchbohren sie sie“, Doppelsinn, ja.


Nun ganz realistisch:

“Die Straßen enden nicht

Die Kreuzungen sieht man nicht

Ampeln stehen nutzlos herum

Kamele gibt es keine. 


Nebel im Valpadana

Wie ein Rock (oder: eine Soutane)

Drunter viele Geschäfte

Ruhig die andern Meere


Nebel im Valpadana

Schieb den Rock zur Seite

Ein bisschen Platz für mich


Nebel im Valpadana

Zoeh den Rock aus

Ich will mit dir schlafen


Jetzt hör mal zu, Baby/ Welpe/ Milchbart (“cucciolo”)”


Ja, jetzt wird es, in reinster Jannacci-Gaber-Traditon, blödsinnig, also etwa:

„Grieben nicht das von die Nelken (?)

Im Meer ist Neapel schön (?)

Springt rein und kriegt nen Infarkt

Geht weiter ins Gässchen (?)”


Was das auch bedeute, das Folgende kannten wir als typisch italienisch, nämlich als Diskussionen am Citofono, deutsch: an der Wechselsprechanlage. So an der Hsustür von unten schreiend und von oben in der Wohnung am Telefonhörer zurückbrüllend hat man das

Smartphone vorweggenommen. Hier allerdings singt einer am Klingelschild mit Lautsprecher und Mikrofon:


„Singt ins Citofono

Gennaro vollbringt ein Wunder

Lass mich sterben in Pusillipo”, in Neapel also.


Doch wir bleiben im Norden, im Nebel:

„Vögel, die husten

Tauben, die abstürzen

Hunde scheißen

Bitte wegmachen!

Glühwürmchen gehn spazieren”. Nein. Le lucciole sind die Damen, die in besagtem Nebel auf dem Bürgersteig sich anboten. Entsprechend geht es weiter:

„De Transen ähneln sich alle

Autos halten an

Es gibt keine Fahrer“, die sind nicht zu sehen, nämlich mit Damen oder sonst wem aktiv im Nebel im Valpadana.

„Models wackeln mit dem Po

Popos die ..”, “stilistare”? Etwas mit Stil machen vielleicht?


„Die Bürgermeister ziehen sich aus

Nobelpreise wolln sie nicht. 


Nebbia in Valpadana …


Was ist das für ein Nebel im Valpadana

Wie schon gesagt, es ist die Feuchtigkeit

Und weil wir hier unsre Wohnung haben

Haben sie uns den Kredit gewährt, aber wie schwierig das war!

Kreditinstitute!“


Also kurz, das war der italienische Norden in den Neunzigern. Nebel, Bankiers und Politiker hinter Gittern, hustende Vögel und Kinder, überall Autos und an jeder Straße Damen oder Herren oder beides für die Freue am Leben. Dazu, und die sind ja geblieben: Kreditinstitute

und Riesen-Ratenzahlungen für Zwergwohnungen, vierzig Jahre lang. Irgendwo im Nebel.

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