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Giorgio Poi: Im Supermarkt. Dem norditalienischen

Wer das Lied „Im Supermarkt“ von Giorgio Poi hört, sollte nicht an einen deutschen Depressionsmarkt wie Penny oder die Gemüsesuppendosengänge bei Kaufland oder Edeka denken. Der eine oder andere Rewe käme vielleicht in Frage, da wären aber sicher die Gänge noch zu eng und die Regale zu niedrig. Das Warenangebot muss in Italien weit über Kundenköpfe hinausragen. Gleich hinter dem Eingang braucht es knallbunt, weit ausladend Obst und Gemüse, dann kommen Fisch, Fleisch und Aufschnitt in Massen: Es riecht nach Kochschinken. Italiener geben bekanntlich ein paar Prozent ihres Gehalts mehr fürs Essen aus als die Deutschen, welche knickrig.

Lied von der Platte

So ein italienischer Supermarkt ist daher schon mal das passende Ambiente, wenn einer va a cucca, cioè auf Jagd geht nach verfügbaren Liebespartnern. In Milano galten lange die großen Supermärkte von Esselunga als Geheimtipp, also nicht die ganz großen wie in der Vorstadt Sesto S. Giovanni (Città della Resistenza), wo Arbeiterfrauen, zwei krakeelende Kinder an einer Hand, auch ihre Wäscheständer und vermutlich so etwas wie Abschleppseile und Ölfilter kaufen. Ein mittelgroßer eher. In diesen Supermärkten sind die Gänge breit, wir ziehen entspannt zu Popmusik (in anderen Supermärkten tönt schon mal Radio Maria). Das Angebot ist riesig, von getrockneten

Linsen bis zum Hummer, vom Barbera zum Champagner. Dass in der Stadt alle knapp bei Kasse sind, außer ein paar Russen, den Scheichs und Fedez, das ist hier vergessen.


Der Esselunga in Viale Papiniano, ganz in der Nähe der Zona navigli, sag ich jetzt mal, weil „Kanalzone“ nicht so rasend klingt, also der klassischen Ausgehzone, schien lange Zeit ein Zentrum der Cucca zu sein. Studis wohnten in der Gegend und junge Studierte am Anfang der Karriere. Im Sommer waren sie allein zu Haus, die einen mussten für Prüfungen lernen, die

anderen im Büro einsam Wache halten, während die Partner und die Eltern und die mit Kindern am Meer waren. Die einen liegen freilich seit Bologna im Sommer auch am Meer, die anderen sind aber wohl noch da. Im Supermarkt.


Im Supermarkt

Hatten sie nichts


Das kommt in Italien nicht vor.


Al supermercato

Avevano niente

Ho preso soltanto

Un sacco di freddo


Hab nur

Einen Sack voll Kälte bekommen


Un sacco di freddo prendere: durchfrieren. Klimaanlage, attenzione: Volle Butter. Verkühlt also kommt er nach Haise.


Hab mich zwischen den Regalen verlaufen

Zwischen Waschmitteln und Cornflakes

In einem Abgrund der tausend Farben


Gute Definition eigentlich des norditalienischen Supermarkts.


Un abisso di mille colori

Und von sensationellen Sonderaktionen

Mit dem Kopf auf den Schultern

Con la testa sulle spalle


So etwa: mit beiden Beinen auf dem Boden?


Ma un cuore deficiente


Aber einem blöden Herzen

Das dich nicht mehr loslässt

Hände schieben Einkaufswagen

Fotos als ob

Man sieht sich ja nicht mehr

Und wer weiß, ob du einkaufst

Allein auch du

In den Gängen vergnügten sich alle

Und schnüffelten an Fläschchen mit offener Kappe

Hab ne Runde gedreht zwischen Eimgelegtem

Vor den Tiefkühlschränken

Und weggerissen von einem Strudel von Gefühlen

Hab ich dich gesehen: am Aufschnitttresen

Mit dem Kopf auf den Schultern

Aber einem blöden Herzen

Das dich nicht mehr loslässt

Hände schieben Einkaufswagen

Fotos als ob

Man sieht sich ja nicht mehr

Aber ich weiß, du gehst einkaufen

Allein, auch du


Sì lo so che vai a fare la spesa

Da sola anche tu

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