Die Ligera, wie es hier hieß, also wohl die Leggeri, die Leichten, Kleinkriminelle, Ganeffen oder Ganoven wie du und ich, Taschendiebe und Hehler und so weiter, gaben im alten Milano den Ton an, bis die organisierte Kriminalität aus dem Süden, so etwa in den Siebzigern, die Sache in der Stadt und in den Städtchen drumrum in die Hand nahm, wo sie diese bis heute hält.
In der alten Zeit kamen aus dem Süden vor allem die Beamten, auch die Polizisten, welche unter denen für Ordnung sorgen sollten. die sie nicht immer verstanden haben werden. Denn beide, Staatsvertreter und Verbrecher, sprachen Dialekt, ein jeder den seinen.
Im Umfeld der Ligera: Prostituierte, auch Sängerinnen oder Chanteusen oder, wie man hier sagt Sciantose, welche in so Lokalen auftraten. Darunter gab es eine des Künstlernamens Rosetta, offenbar besonders schön und besonders lieb, in welche sich ein Carabiniere verliebte. Sie weist ihn ab und er schlägt sie tot, und das am 13. August 1913, wovon das folgende Lied handelt. Übrigens hatte die Polizei anfangs versucht, die Sache zu vertuschen, das Mädchen habe Selbstmord verübt, was sich aber wegen verschiedener Zeugen nicht durchhalten ließ. Im Lied spricht die Ligera, sprechen alle zusammen eine Drohung gegen den Mörder aus, einen Mann aus Calabria, die aber nicht in die Tat umgesetzt wurde. Den Carabiniere hat die Polizeidirektion nämlich aus Milano wegversetzt, nach Genova. Wie das so geht.
Musikalisch ist das Stück weniger aufregend, mehr eine Litanei. Kennzeichnend aber die Gegenüberstellung der Prostituierten als Reinheit und der Mailänder Unterwelt als ihrer Ritter auf der einen, der Staatsgewalt und des gesamten Südens auf der andern Seite (Napoli wird genannt, aber ohne rechten Grund). Seltsam genug, tritt dasselbe Motiv im Lied des Widerstands gegen die Faschisten von Giorgio Strehler wieder auf.
Die Verbindung der hiesigen Musik zur Unterwelt ist geblieben, mindestens bis Didi Martinaz.
Am dreizehnten August / in einer dunklen Nacht / hat ein Verbrechen begangen / ein Vertreter der Quästur
Sie haben einen Engel ermordet/ mit Namen Rosetta / sie kam von Piazza Vetra/ und ging hier auf den Strich* ("la Colonetta" ist unklar)
Wer die Rosetta ermordet hat/ ist keiner von uns Ganoven/ kommt vielleicht aus Napoli/ ist von der Schwarzen Hand
Rosetta, meine Rosetta / von der welt bist du gegangen/ hinterlässt in tiefem Schmerz / die ganze Unterwelt
Die ganze Unterwelt / war in schwarz gekleidet/ um Rosetta zu begleiten/ Rosetta zum Friedhof
Ihre Kolleginnen alle / waren eiß gekleidet / um Rosetta zu begleiten/ Rosetta auf den Gottesacker
Man hört es laut weinen / an diesem scheußlichen Abend / es weint die Piazza Vetra/ es weinen die Ganoven
Sieh dich vor, Kalabrier/ mit dir ist es aus / denn dir hat Rache geschworen/ die ganze Unterelt
Schlafe Rosetta, schlafe / unten in der kalten Erde / dem. der dich ermordet hat / gegen den sind wir im krieg
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