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Frauengesänge (1)

Das mit den Frauenkämpfen ist eine lange und verwickelte Geschichte. Neuere Zeugnisse sind allerdings mitunter musikalischer Natur und das macht die Sache interessant oder auch anregend. Sehr hübsch zum Beispiel „Sexueller Notstand“ der Berliner Gruppe Östro 430. „Was mir bleibt, ist meine Hand!“ Wie das so geht. In Italien, stellt man sich vor, singt es sich so was Wildes eher nicht. Die Mädchen seien lieb und würden ab dreißig saure Mamas.

Italienische Hausfrauen, Hausmänner gibt es in dem Land da eher nicht, laufen wirklich meistens etwas grimmig herum, weil sie alles machen müssen und nur sie auch alles können ein Leben lang. Sie sind, wie in jeder Warteschlange zu erfahren ist, nicht ungefährlich. Im Haus ist Vorsicht angesagt, wenn geputzt wird.


La candeggina ist die italienische Frauenrache an allen, die nicht putzen. Das sind die, welche mit Dreckstiebeln durch die Küche gelatscht sind, die dort fettspritzend schnell was gebraten, sich nicht um die Kinder gekümmert und dicke Fleischsoßen auf den Boden gekleckert haben. Jetzt wimmeln da unten Bazillen, Käferchen, Schleimkriecher, Parasiten wie wir. La candeggina, die Chlorbleiche aber ätzt alles weg, disinfetta! was da unten auf den Kacheln Unheimliches leben mag, und vertreibt auch allen Zweibeinern für mindestens zwei Stunden jede Lust, in der Küche zu krümeln, zu schmieren, zu schmatzen oder sonst schmutzige Dinge zu tun.


Candeggina, also etwa „Ätze“ war der Name der Gruppe, mit der die

achtzehnjährige Giovanna Maria Coletti 1980 im Mailänder Sozialzentrum S. Marta mit etwas wie Gesang begann. Italienischer Punk! Ihr Künstlerinnenname: Jo Squillo. Ein oder eine Squillo bezeichnet das gute alte Klingeln alter Telefone, zugleich aber auch eine Frau oder einen Mann, die oder der sich gegen Geld gern rufen lässt, also einen Callboy oder ein Callgirl. Nach Frauenbefreiung klingt so ein Name eher nicht, nach Provokation schon ein wenig, oder? Die Gruppe wurde als Frauenpunkgruppe berühmt und tat so wilde Dinge wie rot gefärbte Tampons ins Publikum auf dem Domplatz in Mailand zu werfen, was dort eher unüblich. Der erste Hit, wenn ich mich nicht irre, war das Lied, ehm: Violentami sul metro.

Violentare übersetzt vergewaltigen. Der Nettigkeit halber übertragen wir den Titel vielleicht mit „Nimm mich in der U-Bahn!“. Da will eine junge Frau robusten Spaß mit einem, den sie piccolo nennt, „mein Kleiner!“ Der dann auch Angst bekommt.

Nach so anstößigen Anfängen trat Jo Squillo mit Sabrina Salerno auf, welche bis dahin als Vertreterin des Frauenrechts auf Having a good time! bekannt war.

Auch in dem gemeinsam vorgetragenen Lied „Siamo donne!“ soll es irgendwie um Frauenrechte gehen, auch wenn unsereiner da vielleicht eher etwas hört, was er auch sonst schon irgendwie dunkel geahnt hatte: „Wir sind Frauen / Jenseits der Beine gibt’s noch mehr“.

Seitdem arbeitet Jo Squillo im Fernsehen. Seit dreißig Jahren immer irgendwas mit Mode. Italienische Fernsehgucker lieben es ja, wenn es immer dasselbe ist. Dauersuperstars sind ein murkeliger Langeweiler namens Fazio und ein Ferienclub-Spaßmacher namens Fiorello, bei denen man jedes Witzchen mindestens zwanzig Jahre im Voraus kennt. Da lacht das müde, alte Land und freut sich, dass doch alles bleibt und bleiben kann, wie es ist. Aber das ist ein anderes Thema. Als Frau, die ihre Rechte laut macht, ist Frau Squillo tatsächlich weiterhin aktiv. Als Sängerin hat sie da ihre Auftritte. Davon später. Hier ihr erster großer Auftritt:

Nimm mich, nimm mich, Kleiner

Nimm mich, nimm mich in der U-Bahn

Nimm mich, nimm mich, Kleiner

Nimm mich, nimm mich in der U-Bahn

Ich warte an der Haltestelle

Der Tag, er sieht so düster aus

Ich hab ein bisschen Angst, Aufregung

Wegen der Hochspannungsleitungen

Nimm mich, nimm mich, Kleiner …

Bin grad von zu Hause abgehauen

Will was Seltsames erleben

Nimm mich, nimm mich, ohne Eile

Es gibt niemanden, der auf mich wartet

Nimm mich, nimm mich, Kleiner …

Ich bin nackt, du hast Angst

Ich bin nackt, was hast du Angst?

Nackt, nackt, du hast Angst

Bin nackt, du hast Angst

Nimm mich, nimm mich, Kleiner …

Wie die kleinen Mädchen, meine Freundinnen,

glaub ich, die Welt ist Dynamit

Wenn du noch ein bisschen springst, geh ich in Flammen auf

Wer weiß, ob das dann ein schöner Tag wird

Nimm mich, nimm mich, Kleiner …


Was nun Siamo donne betrifft, verzichte ich auf Übersetzung.

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