Passa ai contenuti principali

Vinicio Capossella mit Ariosto: Der Dichter und unser Wahninn

Es gab ja mal Ritter. Die sind ausgestorben. Riesen gab es auch. Dann hat ein Herr Swift Witzchen über sie gemacht. „Hier bist du groß, da aber klein, haha.“ Seitdem sind sie im Schlund des Relativen verschwunden, weshalb alle Welt mit erhobenem Zeigefinger auf alles immer nur „es kommt ja ganz darauf an“ oder „dipende“ antwortet und weiterdämmert, fort und fort.

Es gab mal erschütterlichere Wortwelten, in denen Ritter ritten, Riesen röhrten und der Ork sich der Schönen zu bemächtigen suchte. Da war viel los. Das waren, in Italien entstanden, Leit- und Leibtexte für ganz Europa, drei, vier Jahrhunderte lang.


Es waren die Gesänge von Torquato Tasso, Luigi Pulci und Ludovico Ariosto. Es waren “Das befreite Jerusalem”, die Geschichte des Riesen „Morgante“ und der aufregende und witzige „Orlando furioso“, welche einmal das weitere Lesepublikum bewegten. Heute weniger. "Denn nichts, was etwas wert ist, bleibt", singt Capossella, sonst bekannt als Kanalsänger und Sirenenerzähler.



Nun greift der verspielte Tausendkünstler Vinicio Capossella, in Hannover geboren! die Geschichten von Ariosto wieder auf und macht ein Lied über ihn und das, was ihn bewegt. Das ist dramatisch.


Ludovico Ariostos schrieb ja nicht nur, er regierte auch mit, als Hofschranze und Diplomatikus derer von Ferrara. Da er aber immer knapp bei Kasse, zudem ein guter Verwalter war, verlieh ihm der Duca von Ferrara Titel und Amt des Gouverneurs von

Garafagna, wildem Land zwischen Apuaner Alpen und Apennin, wo die Banditen regierten.


Bevor er da hinreiste, und er hasste Reisen, soll Ariosto in Ferrara noch sein Testament gemacht haben.Tatsächlich gelang es dem Dichter, der Banditen Herr zu werden und den berühmtesten, einen lokalen Robin Hood namens Moro festzusetzen und zum Tode verurteilen zu lassen.


Nur wurde der Räuberhauptmann bald wieder freigelassen, weil er, wie viele Wegelagerer, dem Grafen von Este immer mal wieder als tüchtiger Söldner diente.


Bis heute aber ist die Begegnung des großen Dichters mit dem großen Räuber ein beliebtes Thema.


Das Lied nun beginnt in der „selva“, im wilden Wald, ganz wie Dantes Commedia, und der Held hat hier wie dort keine Orientierung mehr. Wie es so geht.


„Mal rauf, mal runter im hohen stolzen Wald

Lang war er unterwegs und kam an ein Ufer“.


Dann die Hauptperson, ein Ich:

„Durch andre Wälder bin ich hergelangt

Zwischen Bergen, unter Wölfen

Um Gouverneur zu werden

Hierhin, dorthin, hinauf, schlage mit dem Schwert

Die Verse habe ich in die Felder geworfen

Unter Diebe, kaputte Typen und Mörder“.


„Unterm Joch zerquetscht, wer mir sich naht

Hab ich nichts zu bieten als Worte“.

Spricht der Dichter. Nichts als Worte ist, was bleibt, „wenn der Verstand auf dem Mond gelandet ist“.


In Ariostos großem Epos hat Orlando den Verstand verloren. Ritter Astolfo muss auf den Mond, um ihn zurückzuholen. Wie kommt er dahin? Astolfo auf einem Hippogreif und mit Hilfe Johannes des Täufers, der da oben wohnt. Aber der Verstand?


„Jemand hat ihn aufgesammelt

Wenn der Verstand dort oben aufgehoben wird

Heißt das, auf der Erde

Ist nichts geblieben als Irrsinn“.


Berichtet der Dichter von sich selbst:

„Mal hin, mal her, auch der Hofschreiber

Bellt und leckt und soll bissiger werden

Alte Illusion der ewige Ruhm

Heute mit Prunk beschäftigt

Dann im Kataster

Der Dichter wird nicht älter, doch er leidet

An einer Wunde, die immer weiter blutet

Das Werk und der Erfolg

Schützen nicht vor dem Bösen der Gesellschaft

Dass alles vergeht, was etwas wert ist“.


“Wenn der Verstand auf dem Mond gelandet ist …

… Ist nichts geblieben als Irrsinn“.


„Ob hin, ob her, der kleine Mann wird immer geknickt

Missbrauch und Steuern, die hängen ihm an

Aber einem Reichen ein Vorrecht zu nehmen

Einem Banditen, einem Priester, einem Schützling

Da gibt es kein Gesetz, das Wirkung täte

Hierhin, dorthin, hinauf, es gibt kein Recht

Lasst mich heimkehren, Exzellenz

In das rasende Unordnung meines Irrsinns

Der sich im Kreis dreht wie ein Karussel

Zur traurigen Ordnung der Welt.


Ich hab keine Änderung erreicht

Weder Sicherheit noch Revolution

Im Herzen hat mich die Unterdrückung getroffen

Und ich hab nichts geben können als Illusionen

Ich hab nichts geben können als Worte …“.


„Wenn der Verstand dort oben aufgehoben wird

Heißt das, auf der Erde

Ist nichts geblieben als Irrsinn

Commenti

Post popolari in questo blog

Die Nacht von Laszlo de Simone: Einfach kompliziert: Schwierigkeiten beim Hin und Her

Innamorarsi heißt: sich verlieben , aber far  innamorar:   Verlieben  machen ? Klingt schräg. Lieber hölzern: Dazu bringen sich zu verlieben ? Wenn Magie im Spiel wäre, und das ist nie auszuschließen, könnte auch   verzaubern gehen, dann wäre fürs Deutsche immerhin Poesie drin, aber die Liebe aus dem Spiel. Kurz: un fiore/ tutti quanti ci fa  innamorar : Eine Blume, die uns alle so verzaubert, dass wir uns  verlieben ? Hier versuch ichs etwas anders. Klingt prätentiös, was De Simones Texte nicht tun. Sind immer leicht und fliegen. La notte Cela i ladri e cela anche un fiore Sfuggito al giorno ma non a vento e pioggia E tutti quanti ci fa innamorar E io vorrei tornare Die Nacht Verbirgt Diebe und birgt auch eine Blume Die dem Tag entwischt, doch Wind und Regen nicht Und wir alle, verzaubert, verlieben uns Und ich möchte zurück Zurück wohin? Nu: Godere finden wir im Wörterbuch als genießen und denken an ältere Tanten, welche sich abends ...

Un magna, magna, besungen von Myss Keta

  Myss Keta, Meisterin der anmutigen Vulgarität, besingts Scheinehirtentum kunstvollst, das Römische,  mit “Cafonal”. Dass da in Italien Faschisten an der Regierung sind, könnte ja beunruhigen. Beißen  aber gar nicht, vorerst. Die sind radikal vor allem darin, die Rechten auf alle wichtigen  und unwichtigen Direktorenposten zu setzen oder sitzen zu lassen, wo alle andern  fliegen*. Seit dem ersten Tag der Regierung ist im ganzen Lande ein Gemauschel** im Gange, das im Mutterland des Klüngels seinesgleichen suchte. Überall Faschisten  am Ruder also? Eher ein Haufen von Leuten ohne jede Qualifikation außer  der, verwandt zu sein oder befreundet. Meistens sone, denen man keine fünf Euro  leihen würde. Aber das sind moralische Kategorien. Führen ja zu nichts: Moral teilt: der eine entrüstet sich, der andre gähnt. Myss Keta hingegen zieht aufs Feld der  Ästhetik, ins Gelände, wo eine/r so oder anders geht und redet und isst. Die Frage:  ...

Andrea de Laszlo Simone: Vertikale Welt: es geht runter!

Ich lebe Aber ich habe keine Wahl und keinen Grund Kommen ins Trudeln? Was singt der da? Fröstelt’s? Friert’s dich, Marie? „Das  Leben ist kurz und eng ist es auch“? Das sind so Popsongs, wie das wortreichere “Kunst des  Gehenlassens” von Baustelle: gehen aufs Letzte, wie es einmal die Philosophie tat. Wie das Lied  von Baustelle lehrt dieses: Frag nicht, geh! Dazu: Sag es, sprich es aus! Lehrt auch nicht  wirklich, wie der Wüstenprediger, tut eher das, was Philosophen tun: Es drückt aus, was wir alle  wissen, weil es gut ist, das klar auszusprechen, trifft, in den sehr einfachen Worten Andrea de Laszlo  Simones. Vivo Ma non ho scelta né un motivo Ich lebe Aber ich habe keine Wahl und keinen Grund Il mondo è un tipo irrazionale Die Welt ist ein irrationaler Typ Macht, was er will Gibt keine Erklärung Du solltest Die Zeit nutzen, die bleibt Bevor auch das kleinste Ideal. in deinem Herzen aufhört zu brennen. Es zittert schon vor Angst Das weiß ich gut. La v...