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Mit nem Zehner kannste nicht weg ... Europäische Geschichten aus Brianza

Ich bin ja selbst in Orten wie Köln-Esch und Bielefeld-Brake aufgewachsen, in Drossel- und in Wangeroogewegen ...
in Eigenheimreihen also, wo es umme Ecke je einen Getränkemarkt gab und einen kleinen Edeka, in dem sie unterm Kassentisch auch Aspirin verkauften. 

Die Straßen hin und weg waren länger, viel länger als anderswo und die Sonntagnachmittage erst: Wenn es an so einem Nachmittag an der Tür geklingelt hätte ... Ernst Bloch hat das Prinzip Hoffnung so erklärt. Es klingelte aber keiner. 

Wir zogen dann doch in die Stadt, bevor ich einen Führerschein machen zu müssen glauben konnte. Das Auto ist ja nicht nur eine Hirnbelastung, mit Ölwechsel, TÜV und Versicherungsfragen ein rechter Zeitdurchfall und eine Gesprächsverknotung, wo sich alles dreht und feststeckt. Es steht ja auch meistens dumm herum, entweder am Rand oder inmitten der Straße, oder man sucht einen Parkplatz. In Sachen Transport in etwa das Dümmste seit Erfindung der Schnecke. Aber hätte ich in Brake bleiben müssen? Was tat man da außer rumfahren? Wegwollen und nicht können.

Dergleichen ist nun anderwärts, wo man weiter draußen nicht einmal einen Vorgarten hat, der nicht betoniert wäre, wo auch kein Bus mehr kommt und nicht einmal ein Fahrradweg wegführt, nur die große Straße, Stadtautobahn mit Maut, naturgemäß dramatischer noch. Ich rede vom Mailänder Hinterland, einer der reichsten sowohl als auch grausligsten Regionen Europas. In kaum einer wird so oft gesagt: Ich will weg! vom jüngeren Teil der Menschheit, denn der ältere ist daran gewöhnt, dass die Tage nichts als Arbeiten bringen und das Leben außer nem SUV und nem Pelzmantel nichts zu bieten haben kann. Sonntags Kirche, abends Kartonpizza vom Araber oder ein Brötchen beim Autogrill, den einzigen, die hier abends nach acht noch geöffnet haben. 

Max Pezzali kommt aus der Gegend und kann ein Lied. 
"Vor vielen Jahren schon /
sprachen wir davon, wie paranoid diese Stadt ist". 
Wenn da nämlich einer am Zaun klingelt oder an der Tür, wird er durchs Videoauge beobachtet. An jeder Kreuzung hängt eine Kamera. Nachts und tagsüber sind alle Rollläden fest verschlossen. Es könnten ja Zigeuner kommen. Die würden ja auch vom Spielplatz weg die Kinder entführen, wenn es noch welche gäbe. 
Wir sprachen von ... "den Leuten hier und ihren Manien/
zwei Diskotheken 106 Apotheken", was vielleicht an Deutschland erinnert? 
"Und wir sind immer noch an dem Punkt
Fahren rum im Auto morgens um drei
auf der Suche nach etwas, was dann
wir wissen selbst nicht, was". 

Nun der Refrain: 
"Mit nem Zehner kannst du nicht abhaun
Der reicht nicht mal für die Pizzeria
Halt einen Moment an der Tanke
Das uns wenigstens nicht das Benzin ausgeht
in dieser Stadt".

Zurück zur Landschaft, innen und außen, 
"Von Zigarettenläden nicht mal mehr ein Schatten
Ich hab noch zwei, nimm, die du willst
Was lässt der das Leuchtschild an? 
Hier sind zwei Tröten, die glauben daran
Guck mal die jaulenden Hunde da
Für ein Weibchen, wer sagt da nein?
Jetzt laufen sie rum und spielen die Helden
Dann zurück nach Hause, ein bisschen wie wir". 
Und hebt wieder an: "Mit nem Zehner ..."
Müdigkeit und Traum nun: 
"Es wird Zeit, dass uns ein paar Ideen kommen
um Milliardär zu werden, auch wenn
das, was wir erfinden wollen, das gibts schon
Was uns fehlt, ist die Sonnenzeitscheibe.
Bleibt die Lösung Rockstars!
Wir lassen alles hinter uns und gehn nach New York.
Aber dann schauen wir uns an und fragen
wohin sollen wir denn mit diesen Fratzen, du und ich?"
Und zurück nach Hause. 


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