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Eine besondere Liedsorte: die Gemüsesuppe / Il minestrun von Nanni Svampa

In so einer italienischen Gemüsesuppe ist alles Mögliche drin. Nur kleingeschnitten oder zerhackt muss es da schwimmen und so geht es in Svampas Lied El minestròn mit dem Text. Natürlich auf Milanese gesungen, im Volksliedton und stets aus der Sicht der armen Leute oder auch Kleinganoven, obwohl El minestròn, diese große Montage zur Volkstümelei den Abstand des Spieles hält: Svampa zitiert, führt vor und lacht sich eins, was nun wiederum gut zum Milanese passt. 
Das Mailändische ist der Dialekt, in dem der große und naturgemäß so gut wie vergessene Delio Tessa etwas schreibt wie L’è el dì di Mort, alegher!: "Es ist der Tag des Todes, fröhlich!" wobei man zwischen della morte und dell'amore in dieser Stadt keinen Unterschied hören würde. Tag der Liebe, Tag des Todes. Das Entscheidende sind hier eben nicht die mehr oder weniger widrigen Vorkommnisse in so einem Menschenleben, sondern das dreingerufene allegher! Es wird dies Leben von Wein, Weib und dem Gedanken an das bewegt, was wir letztlich sind, nennen wirs: Erde. 

Fröhlichst beginnt il Minestrun denn auch mit einem Trinklied: "Wer sagt, Wein sei schädlich / wer sagt, Wein sei schädlich / das sind alles Leute aus dem Krankenhaus. / Ich hab jede Menge getrunken / und geschadet hats mir nicht / Wasser, das ist schädlich, der Wein bringt uns zum Singen": Chi è che dis ch'el vin el fa mal / l'è tutta gente, l'è tutta gente / chi è che dis ch'el vin el fa mal / l'è tutta gente de l'ospedal./ Io ne ho bevuto tanto / e non mi ha fatto male / l'acqua sí che fa male il vino fa cantar.

Schluss: "Obs gut läuft, obs schlecht läuft / wir stehn in der Blüte der Jugend / denk ans Essen und trink / denk ans Essen und trink! / trink auch du!": Ohèj che la vaga ben, che la vaga mal / siam sul fior de la gìoventú / pensa a la magna e bevi / pensa a la magna e bevi / ohèj che la vaga ben, che la vaga mal / siam sul fior de la gioventú / pensa a la magna e bevi / bevi anche tu!
Beim Mailänder Dauerregenwetter, so etwa von November bis Dezember und dann vielleicht noch mal von Februar bis April, kann ein Schluck auch nicht schaden. Ein Rundritt um die historischen Stadttore zeigts in unwidersprechlichem Parallelismus, es gäbe hier recht eigentlich gar nichts zu erzählen: "An der Porta Romana hats gestern geregnet / an der Porta Ticinese hats gestern Abend geregnet / an der Porta Genova ...": A porta Romana ier sera pioveva / a porta Cicca ìer sera pioveva / a porta Genova ìer sera pioveva / a porta Volta ier sera pioveva / a porta Garibaldi ier sera pioveva / a porta Venezia ier sera pioveva / ...
Da wird einer ganz melancholisch und erinnert sich an die vergangenen Zeiten, als "wir noch herumzogen und Hühnerställe ausräumten und Hühner" klauten: Te se ricordet i temp indree / quand che andavom a spazzà i pollee / spazza i pollee robà i gaijnn ora pro nobis!
Lange hält die Trauer an diese romantischen Zeiten allerdings nicht an, denn "Ich freu mich auf der Welt zu sein / und zu wissen, sie ist rund / lustig! lustig! / klettern wir die Fenster hoch / die Fenster hoch mit nackten Füßen / denn die reichen Leut machen eh nichts!" Sont content de vess al mond / a savè che l'è rotond / alegher alegher / a rampegà in sui veder / in sui veder a pee biòtt / tant i sciori fan nagòtt!
Dann geht es hinaus aufs Land, an die Ufer des Lago Maggiore, "die reine Luft atmen / mit ihren angenehmen Düften / da ist mir die Eingebung gekommen / die Hose runterzulassen / oh was ne Freude, was ein Wohlsein, was ein Paradies / auf dem Land zu kacken": L'altro giorno andando a spasso / in su i riv del Lagh Maggior / respirando l'aria pura / cont i sò graditi odor / m'è vegnúuu l'ispirazion / ma de lassà giò i calzon / o che gioia o che piacere o che cuccagna / cagà in campagna! / O che gioia o che piacere o che cuccagna /cagà in campagna!
Ein klassisches Thema ländlicher Gesangsfreuden, oder nicht? Auch in der Stadt, besser gesagt am Stadtrand, spielt das Letzte und Wesensdeutende seine Rolle. Der Sänger erzählt, er kennen einen in Precotto (Richtung Monza), der mache jedesmal ein Bündel aus seiner Scheiße, während einer aus Crescenzago sie immer mit ner Kordel zusammenbinde, es folgen Nummer drei, vier und fünf, schließlich einer, der Rosinen scheiße und dann Panettone mache: A gh'è el prevòst che sta a Precòtt / che quand el caga ne fa on fagòtt. / A ghe n'è on alter a Crescenzagh / che prima la fa e poeu la liga col spagh. / (...) A ghe n'è on alter a Villapizzon / ch'el caga, l'ughetta e poeu '1 fa i panatton! So viel Freude am Erdendasein geht mit dem Freiheitsgeist des Dichters und Sängers zusammen: er will nicht heiraten, statt eine Frau zu nehmen, nähm er lieber ne Ziege, die das Gras abfrisst. Kurz: "Es lebe die Liebe, die kommt und geht". Weitere Alternativen zur Frau: ein Motorrad (Gilera), mit dem von morgens bis abends, oder ein Fiat 600 (ona ses'cent), mit dem überglücklich (tütt cuntent) herumzufahren sei.
Schier endlos reiht sich Stück an Stück und kann sich eigentlich nur irgendwo in besoffenem Gemurmel verlieren. Dies Lied saugt alles auf und zieht es mit. Ist eben kein Lied.
"Ei, Schöne, willst du mitkommen im Bus?" "Ich komm da nicht ich komme nicht, ich hab Angst, ich hab Angst runter zu plumpsen". Bleibt sie eben zu Haus.
Ohi bella se vuoi venire su l'omnibus, su l'omnibus
ohi bella se vuoi venire su l'omnibus con me Mi no, mi vegni no, mi gh'hoo paura, mi gh'hoo paura mi no, mi vegni no, mi gh'hoo paura de borlà giò!

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