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Ein Volkslied schreiben: Jannacci

Das sei aber ein schönes Volkslied, habe jemand ihm gesagt. Es ist aber keins, es ist von ihm, von Enzo Jannacci, Arzt und Sänger aus Mailand.


Wie macht einer das? Etwas schreiben, was als Volkslied durchgeht? Erstens die Themen: Junge Frau und das Leben, also das Vergehen der Zeit, also das Sterben. Vielleicht was mit Krieg, denn den scheint es ja doch immer zu geben und wenn er kommt, muss einer sich dafür interessieren, ob er will oder nicht. Vergehende Jugend, Schönheit und ein Soldat! 

C'è un fiori di campo, "da steht ne Feldblume", na gut, aber nicht auf dem Feld, überraschender: che è nato in miniera: geboren in einem Bergwerk. Kontrast. 

"Nur wenige Tage lang war sie zu bewundern": per soli pochi giorni lo stettero a guardar. Spannung ist da. Warum? Di un pianto suo dolce sfiorì in un sera: "an den süßen Tränen eines Abends ist sie gestorben", "die schwarzen Hände konnten sie nicht retten", welche schwarz gegen den Tod stehen. 

Eine Reihe von Gegensätzen, Spannung konzentriert: warum weinte sie so sehr, die Blume? Aus Liebe vermutlich. Das erklärt auch der Refrain.

Sfiorisci bel fiore, sfiorisci amore mio
che a morir d'amore c'è tempo lo sai.
"Verblüh, schöne Blume, verblühe, meine Liebste / an der Liebe zu sterben ist Zeit, wie du weißt".

"Und ein schöner Soldat kam von weit her/ nur zum Spaß wars, dass er sie küsste": E un bel soldato partiva lontano / fu solo per gioco che lui la baciò.  "Du weintest und drücktest seine kalte Hand / er lachte und fuhr weg mit dem Zug". Mit dem Zug! Erinnert sich jemand, wie Rilke mit "reiten, reiten, reiten" eine einfache Weise von Liebe und Tod und Krieg zu schreiben versucht hat? Hier gibt es nichts von früher oder von heute, kein Reiten und keine Panzer. Nur den Soldaten und die Blume. So steht es da, dieses Lied, ohne Erklärung, eine Frage?  "Verblüh, schöne Blume".

"Da unten auf einer Wiese liegt eine schlafende Schönheit / und auch ein Kuss von dir wird sie nicht wieder wecken / Sie starb vor Verzweiflung, aber ihr Lächeln ist noch zu sehen / wer vorbeigeht wird über sie lachen".

Im Finale tritt nun ein Ich auf. Schwarz das Gesicht, ein Arbeiter? Er wartet. "Geruch nach Essen hängt heut in der Luft": Jannacci spielt mit der Form, nennt eine Einzelheit ohne Sinn und doch: "Der Regen wird ihn auslöschen", wie alles, "aber bald kommt er wieder": C'è odore di cibo quest'oggi nell'aria / che la pioggia cancella ma presto tornerà / qui spezzerò il mio pane e starò ad aspettare / la pelle mia nera chi mi rinfaccerà? 

Er bricht das Brot, schwarz von der Arbeit, und wartet. So endet ein Volkslied. Liebe und Tod und wir warten und wissen nicht. 

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