Sonst waren sie ja eher durch gebildete Anspielungen aufgefallen. Sokrates und Baudelaire kamen vor. Heute steht Amanda Lear im Titel.
Warum eigentlich? Es geht vielleicht um Verwandlungen, Zweideutiges? Jedenfalls um Liebe. "Alte Liebe, Freundin mein / Liebe Radio Nostalgie", eine Verflossene, an die, erklärt der Sänger, er praktisch nie denke: Amore antico, amica mia / Amore Radio Nostalgia / Io non ti penso quasi mai / ti ho dato in pasto agli avvoltoi / all'olocausto e ai marinai, also "ich habe dich den Geiern zum Fraß vorgeworfen, dem Holocaust überlassen und den Matrosen", amore atomico. Gesunde Entscheidung, darf man annehmen, gerade bei atomarer Liebe.
"Freund Schrecken, Fehler mein", nicht einmal Lebewohl habe er ihr gesagt und nie erklärt, warum er eines Sonntags das Foto, wo sie sich ganz ganz eng umarmten, ins Klo geschmissen habe: Orrore amico, errore mio / che non ti ho detto neanche addio / che non ti ho detto come mai / una domenica buttai nel cesso la fotografia / in cui ci stringevamo forte.
Wie es weitergehe, ist schon absehbar. Sie sei gesehen worden, wie sie bei einem Konzert, um einen Knallkopf (testa di cazzo), Regisseur oder Choreographen, irgend so was, geschlungen, Seele und Augen (!) ausgekotzt habe. Er selbst habe ja am Hinterausgang eines Rockkonzerts mit irgend einer Schlampe geknutscht, Malerin oder so was, und der Groschen-Pessimismus seiner alten Liebe habe alle überzeugt: pomiciare una troietta qualunque / una tizia, una pittrice, ma che ne so / il tuo pessimismo da quattro soldi / chiaramente aveva fatto proseliti.
"Verlorene Liebe, Seele mein": er wolle wissen, wie es ihr geht, ob, wie sie schreibe, alles ok sei und ob sie jetzt wirklich wisse, che sono diventato un mostro. Ich bin ein Monster geworden.
Traurig, wie?
Was hat die gute alte Amanda Lear damit zu tun, die ja noch immer im italienischen Fernsehen herumredet? Ein Zitat. Die Besungene habe nämlich gesagt: I wanna be Amanda Lear / il tempo di un LP / il lato A, il lato B: so lange dauern wie eine LP wolle sie, Seite A, Seite B –– im Italienischen, nebenbei, auch Vorder- und Rückseite einer Frau.
"Wir sind nicht unsterblich / wir verbrennen und das ist besser so", "nichts dauert ewig, nicht mal die Musik": non siamo mica immortali, / bruciamo ed è meglio così (...) che niente dura per sempre nemmeno la musica. Nicht mal die, figurati io e te: du und ich schon gar nicht.
Das alles ist sehr einfach, sehr traurig, setzt nichts voraus. Die Liebe vergeht und, ach, auch die Kunst. Nur Amanda Lear, die ist übrigens immer noch da.
Commenti
Posta un commento